Klaras Kolumne - Juni Drucken E-Mail
Montag, den 06. Juni 2016 um 15:12 Uhr

Ausgebremst
Anfang dieser Woche war ich richtig gut unterwegs auf der A10. Keine Baustelle, noch kein Hitzerekord, der mich im eigenen Saft schmorend an meine defekte Klimaanlage erinnerte, meine Lieblingshits aus der Anlage, die ich im falsch verstandenem Englisch mitsang: „I get a Pill of Ibiza“, trallala. Es läuft, wie mein Sohn in letzter Zeit häufig zu sagen pflegt. Ich befand mich auf für die Geschwindigkeit frei gegebener Strecke, linke Spur, Abblendlicht an, LKW an LKW über-holend, nichts Böses ahnend….. Da schoss ein Skoda ohne Ankündigung mittels Blinkzeichen, ohne dass der Fahrer den linken Arm aus dem Fenster gehalten hätte, auf meine Spur. Ich sage hier klar und deutlich meine Spur.
Ich trat mit meinen Lieblingsmokassins voll auf die Bremse, Hemme, Klötzer, riss die Augen auf, erkannte Spuren diverser Fliegenpupse auf der Kofferklappe des vor mir fahrenden Fahrzeugs, konnte dann den Abstand doch wieder von geschätzten 10 cm auf die geforderten 100 m erhöhen und holte erst mal tief Luft. Mein ansonsten niedriger Blutdruck pegelte sich auf den für die der Hausärztin meines Vertrauens optimalen Ziffer ein, Adrenalin schoss durch meinen mir ans Herz gewachsenen Körper und endlich konnte sich mein ganzer Ärger phonetische Bahnen suchen. Nein, ich verschone Sie hier mit den ansonsten höchstens gedachten, nicht artikulierten Worten. Das war eine Schrecksekunde, das darf nicht, kann aber Jedem passieren. Falls der Fahrer diese Zeilen liest, möchte ich ihm ausdrücklich versichern, dass ich ihm verziehen habe. Ich bin auf dem Weg, die buddhistische Lehre in meinen Alltag einzubauen. Das kann man in solchen Situationen prima üben. Auch zum intensiven Innehalten und Nachdenken regen solche Situationen an. Was wäre wenn?
Ganz schlimm ist, wenn wirklich etwas mit weitreichenden Folgen passiert. Plötzlich reißt einem das Schicksal den Frohsinn und die Leichtigkeit aus dem Herzen und aus dem Gesicht. Und von einer Sekunde auf die andere gerät das Leben aus den Fugen.
Wer damit fertig wird und die Herausforderungen des Lebens an-nimmt, wer nach dem Ausbremsen wieder Gas geben kann, ist in meinen Augen der größte Held, ein eigentlicher Lebenskünstler, Lebensmeister.
Fahren Sie recht aufmerksam und rücksichtsvoll
Ihre/Eure Klara

 
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