Puffpaff klärt auf: Drucken
Mittwoch, den 04. August 2010 um 14:34 Uhr

Über Berliner Testamente, beschränkte Ehegatten und fehlende Nacherben.
Um zu begreifen, was ein Berliner Testament ist, muss man sich zunächst vor Augen führen, wie das Gesetz die Erbfolge einer normalen deutschen Durchschnittsfamilie regelt. Stirbt der Familienvater oder die Mutter, ohne das Erbe durch Testament zu regeln, erbt die Ehefrau die eine Hälfte seines Vermögens und die vorhandenen Kinder teilen sich die andere Hälfte. Sollen die Kinder Ansprüche auf das gemeinsame Häuschen aber nicht schon mit dem Ableben des ersten Ehegatten erheben können, gibt es Anlass für die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments der Ehegatten. Dieses nennt sich Berliner Testament, wenn die Ehegatten sich nicht nur gegenseitig zum Erben einsetzen, sondern gleichzeitig einen Dritten (meist das/die Kind/er) zum Erben des Überlebenden bestimmen.
Aber welche Rechte hat der Über-lebende? Darf er nun allein über Haus und Hof verfügen und später in Ungnade gefallen Kinder auch wieder enterben?
Das kommt darauf an, ob im Gemeinschaftstestament die Kinder lediglich zu Schlusserben oder doch zu Nacherben bestimmt sind. Jetzt sehe ich Fragen in Ihren Gesichtern. Zur Erleuchtung: Das Erbrecht kennt die Bestimmung von Vor- und Nacherben. Ein Erblasser kann bestimmen, wer sein Vermögen zunächst erben soll und gleichzeitig bestimmen, an wen es nach dessen Tod geht. Beispiel: Mein Haus soll zunächst meine Ehefrau und nach ihr, meine Geliebte erben. Die Ehefrau ist Vor- und die Geliebte Nacherbin. Die Ehefrau darf zwar bis zu ihrem Tod im Haus wohnen, aber es nicht weitergeben oder anderweitig vererben. Nach ihr erhält es die Geliebte, ob es der Frau passt oder nicht. Schreibt er aber, dass die Geliebte das Haus nur dann erbt, wenn die Ehefrau es nicht vorher verspielt, verschenkt oder jemand besseren findet, der sie beerben soll, wird die Geliebte nur Schlusserbe. Die Ehefrau bleibt in der Verfügung über das Erbe grundsätzlich frei.

Demzufolge müssen die Ehegatten im Berliner Testament bestimmen, welches Model sie wählen und ob der Überlebende gebunden an den Willen des Erstverstorbenen in seiner Ver-fügungsfähigkeit beschränkt bleiben soll. Vergessen die Ehegatten hierzu eine nähere Bestimmung, hilft das Gesetz. § 2269 Abs. 1 BGB vermutet, dass die Kinder nur Schlusserben sind, d.h. der Überlebende in seiner Verfügungsmacht über das Erbe vollkommen frei.
Vergessen werden dürfen nur nicht die Pflichtteilsansprüche. Aber das ist schon wieder eine neue Geschichte.

Ihr Björn Puffpaff