Puffpaff klärt auf: Drucken E-Mail
Freitag, den 23. Oktober 2009 um 07:12 Uhr

Ein Anwalt über die Irrungen und Wirrungen im Rechtsalltag!

Über Winterreifen im Sommer und unschuldige Sommerreifen im Winter.
Und auch das ist alle Jahre wieder zum Einbruch der Winterzeit die allseits beliebte Frage: Muss ich oder muss ich nicht? Jeder Autofahrer kennt die Gewissensbisse sowie die Frage, ob es nun eine Pflicht gibt, Reifenherstellern und Autowerkstätten den Umsatz durch den Erwerb und das Aufziehen von Winterreifen zu sichern. In Zeiten der Wirtschaftkrise wäre es zumindest kein undenkbarer Antrieb des Gesetzgebers, zur Ankurbelung der leidgeplagten Autoindustrie einfach eine allgemeine Pflicht auszusprechen. Aber, um es vorweg zunehmen, er hat nicht getan. Trotz oft gehörter gegenteiliger Behauptungen gibt es nach wie vor keine allgemeine Pflicht, sich Winterreifen unter sein Auto zu schnallen.
Die Verwirrung der angeblichen Pflicht entstand nur, weil man es auf Initiative der Bundesländer für nötig hielt, der Forderung von Experten wenigstens in soweit nachzukommen, mit der Einführung des § 2 Abs. 3a Straßen-verkehrsordnung (StVO) überhaupt etwas über Reifen und Wetter-verhältnisse gesetzlich zu sagen.
Dort steht aber im Grunde nicht mehr, als dass man an die Wetterverhältnisse angepasste Reifen fahren muss. Welche Reifen aber nun für welche Wetter-verhältnisse angepasst sind, darüber schweigt sich die StVO weiter aus. Vielleicht ist erst mal zur Verdeutlichung festzuhalten, was die StVO nicht weiterhin vorschreibt.
Sie schreibt weiter nicht vor, dass es Monate gibt, in denen man nur mit Winterreifen auf der Straße sein darf. Ist der Dezember oder Januar (wie wir es inzwischen hier ja schon gewohnt sind) warm und trocken, kann kein Polizist mich für meine Sommerreifen ahnden. Aber sollte unser Klimachaos zu Schnee im Juni führen, gibt es, für die trotzdem durchgeführte Fahrt zur Arbeit mit den aufgezogenen Sommerreifen nach dem Willen des Verordnungsgebers 20 € Bußgeld.
Was die StVO zum anderen auch nicht regelt, dass es bei Eis und Schnee unbedingt Winterreifen sein müssen. Die Reifen müssen nur angepasst sein. Das sind Ganzjahres- oder Allwetter-reifen ebenso.
Interessant dürfte auch die noch von keinem Gericht entschiedene Frage sein, ob Winterreifen im Sommer den Wetterverhältnissen unangepasst und damit bußgeldwürdig sind!?
Gut, wenn wir keine gesetzliche Pflicht haben, kommt immer gern der Einwand, dass fehlende Winterreifen doch zum Verlust des Versicherungsschutzes und zu einer Mithaftung im Falle des Unfalls führen.
Das ist grundsätzlich richtig und ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Allerdings gilt das nur, soweit die fehlenden Winterreifen in der konkreten Unfallsituation auch nachweislich mitursächlich für den Unfall waren. Bremse ich mit meinen Sommerreifen verkehrsbedingt bei Eis und Schnee und die Winterreifen des Fahrzeuges hinter mir bringen dieses trotzdem nicht zu stehen, haftet weiterhin der Auffahrende allein für den Unfall. Denn meine Sommerreifen können wohl kaum für einen solchen Unfall mitverantwortlich gemacht werden.
Ihr Björn Puffpaff

 
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