Puffpaff klärt auf: Drucken E-Mail
Montag, den 28. September 2009 um 10:50 Uhr

Über Gesetzesänderungen und die nun angebliche Verbindlichkeit von Patientenverfügungen.
Was sind eigentlich lebensverlängernde Maßnahmen? Alle Mandanten, welche ich je zur Frage der Patientenverfügung beraten durfte, waren sich in einem ganz sicher: Sie wollten nicht an Schläuchen und Kabeln enden. Dann soll lieber Schluss sein. Keine nur lebensverlängernden Maßnahmen!
Aber genauso sicher, wie sie sich hierbei waren, genauso unsicher reagierten sie auf meine Frage, was denn für sie reine lebensverlängernde Maßnahmen wären.
„Er hat eine Patientenverfügung. Ich muss die Geräte jetzt abstellen“, erklärt ein Arzt der weinenden Ehefrau am Krankenbett. So oder so ähnlich soll es sich seit der Änderung des Betreuungs-rechtes zum 01.09.2009 anhören, glaubt man den Schlagzeilen, dass Patientenverfügungen nun verbindlich seien. Das wäre vielleicht in den Vereinigten Staaten so. Das Deutsche Recht aber ist von einer derartigen Verbindlichkeit weiterhin weit entfernt.
Es wird nämlich verschwiegen, für wen die Patientenverfügung jetzt lediglich verbindlich ist. Nicht etwa für den Arzt, für den es Sinn machen würde, da er letztendlich durch eigene Tat, das Lebenslicht wirklich ausblasen muss. Verbindlich ist jetzt lediglich ein Betreuer an eine Patientenverfügung gebunden. Das alles wirft weiterhin mehr Fragen als Antworten auf. Dies vor allem zum Leidwesen derjenigen, welche glaubten, durch eine Patienten-verfügung vorgesorgt zu haben.
Das Hauptproblem ist und bleibt das Haftungsrecht der Ärzte. Letztendlich wird niemand einen Arzt in die Haftung nehmen, dessen Patient nach 6 Monaten wie ein Wunder doch wieder aus dem Koma erwacht. Aber, stellt der Arzt die Geräte ab, bleibt die Frage, ob der Ehemann, die Mutter oder das Kind nicht doch hätte gerettet werden können. Aus der Ungewissheit heraus, entscheidet sich einer der Angehörigen dann doch für die Einreichung eine Arzthaftungsklage. So wird es (ob mit oder ohne Patientenverfügung) keine Probleme geben, sind sich Arzt und Angehörige einig, dass jede weitere Maßnahme sinnlos ist.
Gibt es übereinstimmend einen Hoffnungsschimmer, werden Ärzte und Angehörige unabhängig von einer Patientenverfügung auch immer weitermachen.
Aber wehe, beide Seiten sind unterschiedlicher Auffassung. Ich glaube nicht, dass in Deutschland ein Arzt die bewusste Tötung eines Patienten durchführen wird, weil ein – in den Stand des Betreuers erhobener – Angehöriger auf seine für ihn verbindliche Patientenverfügung pocht und meint, es reicht.

Zum Schluss bleibt die Frage danach, was eigentlich eine lebensverlängernde Maßnahme ist.
Auf diese gibt es auch nach Worten vieler ehrlicher Ärzte nach wie vor keine pauschale Antwort. Es ist eine ganz individuelle für den Moment zu treffende Entscheidung. Eine Entscheidung, für welche man nicht wirklich vorsorglich bestimmen kann.

Vielleicht haben aber die nächsten Abgeordneten im Bundestag den Stein der Weisen für eine, Arzt und Angehörigen wirklich helfend, Lösung aus dem Dilemma gefunden.
Ihr Björn Puffpaff

 
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