Musikalische Kostbarkeit erklingt in der St. Marienkirche Beeskow Drucken
Donnerstag, den 26. März 2009 um 18:04 Uhr
Wenn Johann Wilhelm Hertel seine Komposition "Der sterbende Heiland" auch
mit "Passionskantate" überschreibt, so ist es doch eher ein umfangreiches
"Passionsoratorium". Zu hören war dieses ca. 74-minütiges Werk in neuerer
Zeit allerdings selten. Bekannt sind Aufführungen in den 70er und 80er
Jahren des 18. Jahrhunderts. So erklang 1783 dieses Werk innerhalb einer
Reihe von "geistlichen Concerten oder Paßionsmusiken auf dem Hiesigen
Rathhause" in Schwerin. Durch die Drucklegung im Beeskower Ortus-Verlag
besteht die Möglichkeit, diese großartige Passionsmusik nun wieder einer
breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die St. Marienkantorei Beeskow
ist bekannt dafür, sich solche selten zu hörenden Werke zu erarbeiten. Am
Samstag, 4. April 2009 soll nun in der Beeskower St. Marienkirche um 16.30
Uhr die Passionskantate "Der sterbende Heiland" von Johann Wilhelm Hertel
erklingen.
Hertel wirkte seit 1754 als "Hof-und Capell-Componist" in Schwerin, zunächst
unter Herzog Christian Ludwig II., später unter dessen Sohn Friedrich, der
als "Friedrich der Fromme" in die Geschichte eingegangen ist. Er war
"vorzüglichst...Liebhaber der geistlichen Musik". Zu Karfreitag 1764 wurde
in Schwerin die Passionskantate "Der sterbende Heiland" uraufgeführt. Als
Schüler Carl Heinrich Grauns komponierte Hertel seine Kantate zwar in
demselben empfindsamen Stil, bewegte sich jedoch viel freier in der
Harmonik, so dass die Musik für seine Zeit eher modern wirkte. Diese sehr
eigene Verbindung von traditionellen Zügen und einer zum Teil ganz
neuartigen Expressivität macht den großen Reiz dieser Passionsmusik aus.
Zudem wird die Passionsgeschichte in freier Dichtung erzählt und verzichtet,
anders als in den großen Passionen von Schütz oder Bach, ganz auf
Bibelzitate. Die Erzählung wird dadurch auf ihre affektstärksten Momente wie
Gebet und Gefangennahme im Garten Gethsemane, Verrat und Reue des Petrus,
Geisselung, Kreuzigung und Tod reduziert. Durch eine lyrische Ich-Form des
Textes offenbart sich das Bestreben, den Hörern durch das Vergegenwärtigen
der Passionsereignisse ihre Sündhaftigkeit vor Augen zu stellen und sie zu
Reue und Buße zu führen. So will der Textdichter des Werkes Johann Friedrich
Löwen (1727-1771) Intentionen des Herzogs Friedrich zeigen, der als junger
Mensch in eigens gedichteten Kantatentexten gegen die "verderbt´und sich´re
Christenheit" gewettert hatte und der die geistlichen Konzerte in
Ludwigslust volksoffen hielt, um seine Untertanen zu festen Glauben zu
erziehen.
Johann Friedrich Löwen war Privatsekretär von Prinz Ludwig, dem Bruder von
Herzog Friedrich.
In Beeskow gestalten Yvonne Zeuge (Sopran), Ralph Eschrig (Tenor), Alexander
Hoffmann (Bass) als Solisten, ein Orchester Berliner Musiker (Hörner, Oboen,
Flöten, Fagotte, Streicher) und die St. Marienkantorei Beeskow dieses
Passionskonzert. Die Leitung hat Kreiskantor Matthias Alward.
Eintrittskarten gibt es im Vorverkauf in der Buchhandlung Zweigart und über
Anrufbeantworter 03366/26450 zum Preis von 10,- € und ermäßigt für Schüler,
Studenten, Erwerbslose zu 8,- € (Restkarten an der Abendkasse).
Matthias Alward